24. November 2010

Reise in die Vergangenheit - 23.11.2010

vor Anker vor Tupbak / Isla Pinos auf Pos. 09.00.000 N und 77.45.374 W
Wind: gut 5 kn aus NNW
Luft: 28 Grad - bewölkt
Wasser: 30 Grad

Wie soll ich nur anfangen??

Ich muss bei der Geschichte der Kuna beginnen: Der indigene Stamm der Kuna (heute um die 40.000 Menschen) lebt seit Urzeiten in dem Gebiet im Norden des heutigen Panama von der kolumbianischen Grenze bis ca. 200 km Richtung Nordwesten. Zum Stammesgebiet gehören ca. 365 Inseln (ca. 50 bewohnt) und ein ziemlich breiter Streifen auf dem Festland, der ebenfalls von wenigen Kunas bewohnt und verwaltet wird. Seit 1925 haben sie sich ihre Unabhängigkeit von dem 1903 gegründeten Staat Pananma, der vorher ein Teil Kolumbiens war, in dem sie auch bereits eine Art Unabhängigkeit hatten, erstritten und leben nun (durch einen Holocaust der Rassen verstärkt: alle Mischlinge wurden angeblich ermordet) reinrassig und selbstbestimmt wie zu alten Zeiten.
Ein Zitat aus Wikipedia: "Den Kuna sind durch die (Anm: panamaische) Verfassung wesentliche Punkte garantiert: die Gleichstellung der nach traditionellen Riten vollzogenen Ehe mit der zivilrechtlichen Ehe, die Anerkennung der traditionellen Heilmethoden (Ethnomedizin) und der Ibeorgun-Religion als Religion der Kuna. Ein wichtiges Kennzeichen ihrer Ethnizität bildet heute das textile Kunsthandwerk. Die so genannten molas bzw. molakanas sind bunte, durch Applikationstechnik verzierte Baumwollstoffe mit einem breiten Spektrum von Motiven und Formen. Sie bilden ein Element der Tracht der Frauen und werden heute auch für den internationalen Markt (meine Anm: .. der Segler) produziert. Einen besonderen Bezug haben die Kuna zu ihrem Land. Es kann nicht gekauft, verkauft oder verpachtet werden. Die Kuna sehen es als das Erbe ihres Volkes und der Erwerb, die Ausbeutung und Nutzung muss mit diesem Status vereinbar sein." Entsprechend gab es hier wohl noch nie Zäune zur Abgrenzung. Und nun steht da ein Segler an Land und fragt sich: wohin des Weges?? Und dabei fühle ich mich schon wie ein Eindringling: ich stehe sofort im GemeinschaftsGarten der Kuna, die hier irgendwo leben. Jede Palme und jede Kokosnuss ist hier allerdings PrivatEigentum - bloß keine anfassen und schon gar nicht mitnehmen. Nach einigen Versuchen finde ich einen Weg durch den Urwald und der führt auch immer wieder durchs flache Wasser, wenn es einfacher ist. Ich höre die Jungen auf ihrem "BolzPlatz" ("aus" ist, wenn der Ball im Wasser oder im Unterholz verschwindet) und muss da auch rüber und zu den sich zurückziehenden Mädchen, die schnell ins Dorf laufen. Damit ist mir wenigstens der Weg gezeigt. Und dann stehe ich tatsächlich vor einfachsten (eigentlich noch viel einfacheren, als das Wort beschreibt) Hütten und überschwemmten Wegen wie in einem FreilichtMuseum. Nicht Molfsee!! Viel viel älter!! 98% der Häuser hier sind herkömmliche Hütten: Wände aus einfach nebeneinander gebundenem Zuckerrohr und PalmenDächer drauf. Fertig. Loch in der Wand = Tür! Drinnen: ein hoffentlich trockener NaturFußboden und sonst: vielleicht ein PlastikStuhl aber auf jeden Fall Hängematten. Ende!! So muss man schon vor 1.000 Jahren gelebt haben (ohne Plastikstuhl). Gibt es Strom?: Ja! für eine Lampe im Dorf und für einen Kühlschrank beim "Kaufmann", bei dem ich gefragt wurde, ob ich nicht einen gekühlten SoftDrink haben wollte. Wollte ich nicht - ich nehme den warmen. Und Frauen sehe ich viele, die vor oder in ihrem Haus sitzen (übrigens eine matriacharische Gesellschaft hier) und an Molas arbeiten. Überall spielen Kinder ohne oder in ärmlich anmutender Kluft. Und doch fällt auf: da sind doch zwei AußenbordMotoren im Garten schön verwahrt: 15 und 20 PS, da gibt es eine SatellitenAntenne für das Dorf und es gibt fließendes Wasser aus Leitungen! Auf dem Berg steht eine FunkAntenne für die Kommunikation - auch für Handys.
Noch ein Zitat aus Wikipedia: "Anhäufung von Kapital läuft den kulturellen Prinzipien zuwider und erhöht nicht das Prestige. Kapital, das zum Beispiel durch den Handel mit Kunsthandwerk erworben wird, wird in das eigene Unternehmen investiert, es werden Konsumgüter angeschafft oder das Studium der Kinder in Panama Stadt wird finanziert."

Es bleibt mir vorerst völlig unverständlich, wie das alles zusammen passt. Erst recht, wenn ich morgens stundenlang um mich herum die Fischer sehe, die mit Haken und Sehne kleine Fische fangen (wenig!) - aus ihren Einbäumen. Die wissen bestimmt, dass es auch einfacher geht. Ist aber nicht stammesgemäß!! Übrigens sind die Kuna nach den Pygmäen der 2. kleinste Stamm der Welt. Die Jungen beim Fußball waren aber trotz ihrer Größe alle toll gebaut und stark und hatten wohl kein Gramm Übergewicht! - Ich arbeite auch dran!

Am Rande: es gibt GoldVorkommen in Kuna Yala, aber das darf nicht abgebaut werden, denn die Kuna entschieden: immer wenn wir Gold hatten, kam einer und es gab Krieg und Tote und am Ende war das Gold wieder weg. So bleibt es, wo es ist! Wie weise!!